Geier in der Eifel
23.06.2023In Kooperation mit mehreren deutschen Nationalparks untersuchen Forschende der Uni Würzburg die Rolle von Aas in unseren Ökosystemen. Im Nationalpark Eifel bezeugten kürzlich ungewöhnliche Gäste den Erfolg des Projekts.
Wildtierkadaver sind ein Hotspot für die Artenvielfalt, in und an ihnen tummeln sich viele Organismen: von Bakterien über Pilze, Insekten, Säugetiere bis hin zu Vögeln wie dem Gänsegeier, einer in Mitteleuropa seit Jahrhunderten ausgestorbenen Art.
Letzteres bestätigte sich jüngst auf der Dreiborner Hochfläche im Nationalpark Eifel. Wenige Stunden nach der gezielten Auslegung eines Wildunfall-Rehkadavers landeten dort am 6. Juni 2023 insgesamt 21 Gänsegeier, die von einer Kamerafalle eindrucksvoll dokumentiert wurden. Rehkadaver und Kamerafalle wurden im Zuge des ersten deutschlandweiten kadaverökologischen Großprojektes installiert.
16 Nationalparks beteiligt
Als einer von 16 deutschen Nationalparken ist der Nationalpark Eifel seit dem ersten Oktober 2022 Partner des Projektträgers Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) im Förderprojekt des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zur Erprobung der Wildtierkadaverbelassung in der Landschaft.
Projektbetreuer und Wildtierforscher Sönke Twietmeyer von der Nationalparkverwaltung Eifel konnte anhand der Beringung dreier Individuen Spanien und Frankreich als Herkunftsländer der Geier ausmachen. Es handelt sich vermutlich überwiegend um jugendliche Gänsegeier, die in ihren ersten Lebensjahren noch nicht brüten. Die 21 Geier verspeisten das ausgelegte Reh innerhalb weniger Stunden bis auf wenige Knochen. Am folgenden Mittag verließen sie den Nationalpark wieder und flogen in südwestliche Richtung.
Geier sind meist nur kurzzeitige Gäste
Das spektakuläre Ereignis demonstriert eindrucksvoll den Wert toter tierischer Biomasse auch für den Erhalt streng geschützter und sehr seltener Arten – wie etwa den Gänsegeier: „Ein erstaunlich geringer Aufwand – Auslegung eines ansonsten in gängiger Praxis schnell beseitigten Wildunfallkadavers unter Kamerafallenbeobachtung – kann selbst diese zunächst unerwarteten Arten in hoher Individuenzahl in unsere Schutzgebiete zurückführen“, erläutert Projektkoordinator Dr. Christian von Hoermann von der Universität Würzburg.
Bereits im Jahre 2006 wurde ein bis dato nie dagewesener Gänsegeier-Einflug mit mindestens 164 Individuen in Deutschland registriert. Seitdem fliegen im Sommer immer wieder einzelne Individuen oder kleine Trupps nach Deutschland. Mangels toter Tiere in der Landschaft bleiben diese aber meist nur sehr kurz an einem Ort. Im Nationalpark Eifel konnten in den letzten sieben Jahren fast jedes Jahr einzelne Geier beobachtet werden, wobei diese häufig nur über das Gebiet flogen. 2017 war es sogar ein Trupp von 96 durchziehenden Geiern. Zwei Gänsegeier und ein Mönchsgeier verweilten sogar einige Tage.
Das Projektteam der Universität Würzburg ist begeistert über diese Reaktion auf das Projektaas: “Man sieht, die Natur ist bereit für mehr Prozessschutz, es liegt oft nur an uns“ so Projektleiter Professor Jörg Müller vom Lehrstuhl Zoologie III.
Kontakt
Dr. Christian von Hoermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl für Zoologie III, Universität Würzburg, christian.hoermann-von-und-zu-guttenberg@uni-wuerzburg.de
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