Konzept und Geschichte
Die Idee, ein Biozentrum an der Universität Würzburg zu errichten, hatten der Biochemiker Professor Ernst Helmreich und sein Kollege Professor Guido Hartmann – beide sind inzwischen verstorben – schon in den siebziger Jahren. Zu dieser Zeit hatte sich die Naturwissenschaftliche Fakultät in mehrere kleine Fachbereiche aufgeteilt. Hartmann und Helmreich sahen die Gefahren der fortschreitenden Spezialisierung der Einzeldisziplinen. Sie hielten eine enge Zusammenarbeit zwischen Physik, Chemie, Biologie und Medizin in Würzburg für wünschenswert, ja dringend notwendig und ergriffen die Initiative zur Gründung eines Zentrums.
In den siebziger Jahren wurden vielerorts Stadtranduniversitäten und Forschungsinstitute gebaut. In Würzburg war sowieso ein Umzug der Physik und Chemie auf das Erweiterungsgelände „Am Hubland“ geplant. Es lag daher nahe, mehrere in der Altstadt angesiedelte biowissenschaftliche Institute ebenfalls dorthin zu verlagern. Die beiden Initiatoren des Biozentrums, Professor Ernst Helmreich und Professor Guido Hartmann, schlugen vor, acht Lehrstühle aus den Fakultäten für Biologie, Chemie und Medizin zu einer neuen Institution zusammenzufassen und für diese Institution ein Gebäude in enger Nachbarschaft zu den Neubauten der Physik und Chemie zu errichten. Der Plan wurde von der Universitätsleitung und dem bayerischen Kultusministerium bereitwillig aufgenommen.
Das wichtigste Anliegen der Professoren Helmreich und Hartmann war, der Biologie in Würzburg eine wissenschaftliche Einrichtung zu schaffen, die von Infrastruktur und Ausstattung her den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauchte. In den Naturwissenschaften gilt: Gute Lehre ist nur durch gute Forschung möglich. Aber auch umgekehrt bietet die Einbettung in die Lehre viele Chancen für die Forschung, die es im Wettbewerb mit reinen Forschungsinstitutionen zu nutzen gilt.
Zum Zeitpunkt der Einweihung im Mai 1993 bezeichnete der Begriff „Biozentrum“ zunächst das neue Gebäude mit seinen zehn Lehrstühlen, sechs aus der Biologie, einer aus der Chemie und drei aus der Medizin. Diese waren in drei Institute gegliedert. Die sechs biologischen und zwei medizinisch-vorklinischen Lehrstühle haben sich zum Theodor-Boveri-Institut für Biowissenschaften zusammengeschlossen. Diesem gehört außerdem die Zentrale Abteilung für Elektronenmikroskopie und eine über Drittmittel finanzierte Wissenschaftliche Nachwuchsgruppe an. Die Lehrstühle für Biochemie und für Humangenetik firmierten als eigene Institute im Biozentrum. Das Institut für Humangenetik betreute zusätzlich zu Grundlagenforschung und Lehre auch Patientinnen und Patienten. Ebenfalls im Biozentrum untergebracht ist die Teilbibliothek Biowissenschaften, die von verschiedenen Instituten auch außerhalb des Biozentrums und der Universitätsbibliothek mitgetragen wird.
Schnell zeigte sich, dass das Konzept eines Zentrums der Biowissenschaften aufgeht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler profitieren ebenso wie Studierende von dem neuen Gebäude mit seinen modernen Labors, Geräten, Hör- und Kurssälen. Die kurzen Wege erleichtern die Zusammenarbeit auch über die Fakultätsgrenzen hinweg. Publikationen, Ehrungen sowie die eingeworbenen Drittmittel belegen den eindrucksvollen wissenschaftlichen Erfolg des Biozentrums.
Das Biozentrum hat von Anfang an die Zusammenarbeit mit den drei pflanzenwissenschaftlich ausgerichteten Lehrstühlen des Julius-von-Sachs-Instituts für Biowissenschaften mit ihrem Botanischen Garten ausgebaut, auch wenn das Institut nicht mit ans Hubland ziehen konnte. Am 3. März 1997 war es dann soweit: Die 13 Lehrstühle der im Biozentrum ansässigen Institute und des Julius-von-Sachs-Instituts schlossen sich zum „Lehr- und Forschungsverbund Biozentrum“ zusammen, um die fächer- und fakultätsübergreifende Kooperation auf dem Gebiet der Biowissenschaften zu intensivieren und die gemeinsame Nutzung spezieller Forschungs-, Lehr- und Service-Einrichtungen zu fördern – kurzum, um so eng wie möglich in Forschung und Lehre zusammenzuarbeiten.
Im Jahr 2001 verzeichnete das Biozentrum den nächsten großen Erfolg: Finanziert aus der sogenannten „High-Tech-Offensive Bayern“ wurde mit der Bioinformatik ein neuer Lehrstuhl in einem hochaktuellen Forschungsgebiet eingerichtet. Der neue Lehrstuhl gehört zur Biologie und ist Teil des Theodor-Boveri-Instituts. Mit der Neubesetzung des Lehrstuhls für Biochemie gelang schließlich 2005 der bisher letzte Schritt der Integration. Unter Auflösung des Instituts für Biochemie wurde der gleichnamige Lehrstuhl, der zur Fakultät für Chemie und Pharmazie zählt, nun ebenfalls Teil des Theodor-Boveri-Instituts. Damit gehören zehn der elf auf dem Hubland ansässigen Lehrstühle zu diesem fach- und fakultätsübergreifenden Institut.