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Lehrstuhl für Neurobiologie und Genetik

FO 207/21-1

FO 207/21-1: Zeitliche neuronale Kontrolle der Diapause bei der im hohen Norden lebenden Fliege, Drosophila littoralis

Eine rechtzeitige Vorbereitung auf den kommenden Winter ist überlebenswichtig, insbesondere für kleine Tiere wie Insekten. Rechtzeitig vor dem Einsetzen feindlicher Umweltbedingungen müssen Nahrungsreserven angelegt, die Fortpflanzung gestoppt und die Widerstandsfähigkeit gegen Kälte- und Trockenstress erhöht werden. Den Winter selbst verbringen Insekten aus hohen Breitengraden in einer Diapause, in der die Nahrungsaufnahme weitgehend eingestellt, der Stoffwechsel drastisch reduziert und die Lebenserwartung erhöht wird. Das Signal, in die Diapause zu gehen, ist die abnehmende Tageslänge (Photoperiode) im Sommer-Herbst, und es wird angenommen, dass die circadiane Uhr den internen Referenzwert für die Messung der Tageslänge liefert. Dies wurde jedoch nur für wenige Insektenarten eindeutig nachgewiesen. Außerdem ist weitgehend unbekannt, wie das Netzwerk der circadianen Uhr im Gehirn mit den hormonellen Zentren, die die Diapause steuern, kommuniziert. Ziel dieses Projekts ist es, (1) die Funktion der circadianen Uhr bei der Messung der Tageslänge in der nördlichen Fliegenart Drosophila littoralis aufzuklären, die eine starke und gut untersuchte photoperiodische Reaktion zeigt, und (2) die Kommunikationswege zwischen der circadianen Uhr und hormonellen Zentren in der Pars intercerebralis/lateralis bei D. littoralis und D. melanogaster vergleichend zu entschlüsseln. Wir konnten zeigen, dass die molekulare Uhr und das Uhrennetzwerk bei beiden Fliegenarten gut konserviert sind, dass es aber auffällige Unterschiede bei der Verwendung von Neuropeptiden gibt. Diese Unterschiede könnten die starke photoperiodische Reaktion von D. littoralis-Fliegen aus dem Norden erklären. Fliegen aus Finnland (Kilpisjärvi, 69°N) gehen bei einer kritischen Tageslänge von ~18h in Diapause, während Fliegen aus südlicheren Regionen (Kaukasus, 42°N) sich ähnlich wie D. melanogaster verhalten und teilweise bei einer Tageslänge von 12 Stunden reproduktiv bleiben. Interessanterweise weisen südliche D. littoralis-Fliegen Ähnlichkeiten mit D. melanogaster auf, sowohl was die Expression von Neuropeptiden in Neuronen der circadianen Uhr als auch das rhythmische Verhalten betrifft, was eine korrelative Analyse zwischen diesen Faktoren und dem Beginn der Diapause in Abhängigkeit vom Breitengrad ermöglicht. Darüber hinaus planen wir, das Neuropeptid-Expressionsmuster der nördlichen und südlichen D. littoralis-Fliegen in D. melanogaster zu imitieren und Diapause und rhythmisches Verhalten in den transgenen Fliegen zu untersuchen. Die synaptischen und neuropeptidergen Verbindungen zwischen Uhrenneuronen und hormonellen Zentren in der Pars intercerebralis/lateralis werden wir bei D. melanogaster mit trans-Tango und TANGO-Map MKII aufgeklären. Letztendlich werden wir CRISPR/Cas9 bei D. littoralis einsetzen, um Mutanten in ausgewählten Uhr- und Neuropeptidgenen zu erzeugen und so die Rolle der circadianen Uhr bei der Messung der Tageslänge zu klären.