Infektion und Krebs
Die Verbindung zwischen Infektionen und dem Auftreten von Krebs wurde unstrittig für onkogene Viren und auch für Bakterien belegt, mit Helicobacter pylori als maßgeblichem Beispiel als Ursache für Magenkrebs. Im Fall von einer bakteriellen Infektion war die vorherrschende Meinung, dass der transformierende Prozess hauptsächlich indirekt durch die Auslösung einer chronischen Entzündung bewirkt wird. Obwohl eine Entzündung zweifellos zur Krebsentstehung beiträgt, konnte kürzlich gezeigt werden, dass einige Bakterien ebenfalls eine schwerwiegende direkte Wirkung auf die Wirtszellen ausüben, wie z.B. die Schädigung von DNA. Auch wenn solche gravierenden Schäden einen apoptotischen Zelltod fördern sollten, wurde für einige Bakterien gezeigt, dass diese Effekte ausüben, die das Überleben selbst von geschädigten Zellen positiv beeinflussen. Dies könnte zu einer bedrohlichen Situation führen, da infizierte Zellen, die genomische Veränderungen erworben haben, letztendlich überleben und sich in Richtung Malignität entwickeln könnten.
Weiterhin deuten zahlreiche weitere Merkmale auf eine eher direkte Wirkung von bakteriellen Infektionen auf die Initiation und die Unterstützung des Tumorwachstums hin. Um Zugang zu Nährstoffen zu erhalten und eine Beseitigung durch zelleigene und angeborene Abwehrmechanismen zu verhindern, induzieren Bakterien onkogene Signalwege und eine Umprogrammierung des Stoffwechsels, wie dies in ähnlicher Weise bei transformierten Zellen erfolgt. Chronische Infektionen können nicht nur eine langfristige Entzündung verursachen, die ein Tumorwachstum durch Veränderung des umgebenden Milieus unterstützt. Diese "stillen" Infektionen können auch eine anhaltende Apoptoseresistenz und eine Transformation durch die Beeinträchtigung von Wirtzellsignalwegen bewirken. Wir untersuchen die Chlamydieninfektion, auch in Verbindung mit einer viralen Co-Infektion, als potentiellen Risikofaktor für Ovarial- und Zervixkrebs und erforschen den umprogrammierten Metabolismus als möglichen Angriffspunkt für ein therapeutisches Eingreifen bei Krebs und Infektion durch intrazelluläre Bakterien.
Projekte
Chlamydieninfektion – ein Risiokofaktor für Ovarial- und Zervixkarzinom?
Eine Chlamydieninfektion induziert in der Wirtszelle Stress, welcher zu einer Schädigung der DNA führt. Um zu überleben, müssen diese Bakterien das TP53 Tumorsuppressor-Protein herunter regulieren, wodurch entweder der Zellzyklus gestoppt, die Verfügbarkeit von Nährstoffen supprimiert oder eine Apoptose der gestressten Zellen vermittelt wird. In der frühen Krebsentstehung werden auch TP53-abhängige Signalwege durch Onkogene aktiviert. Die Umgehung der p53-abhängigen Apoptose ist daher eine allgemeine Antwort des Wirts sowohl auf eine Chlamydieninfektion als auch eine onkogene Transformation. Es gibt starke Hinweise darauf, dass Eileiter, die Orte für eine chronische Chlamydieninfektion, auch die Ursprungsorte für ovarielle Krebszellen und eine Entzündung des Beckens darstellen (eine häufige Erkrankung in Verbindung mit einer Chlamydieninfektion), was ebenfalls als Hauptrisikofaktor für Krebs der Ovarien erkannt wurde (mehr Information). Wir untersuchen in diesem Projekt auch die Hypothese, dass Chlamydien/Virus-Koinfektionen eine genomische Instabilität und erhöhte Mutationsraten verursachen, die eine Entstehung von Ovarialkrebs unterstützen (mehr Information).
Der Tumormetabolismus als Angriffspunkt für eine Therapie
Arginin und Lysin sind für das Wachstums eines Tumors des Menschen entscheidende Aminosäuren. Neben der Proteinsynthese ist Arginin auch in vielerlei Hinsicht im Tumormetabolismus beteiligt, einschließlich der Synthese von Stickstoffmonoxid, Polyaminen, Nukleotiden, Prolin und Glutamat. Das Herunterregulieren des Enzyms Argininsuccinatsynthase (ASS1) in Tumoren, ein bekannter Geschwindigkeits-bestimmender Schritt der Argininsynthese, resultiert in einer spezifischen Abhängigkeit von extrazellulärem Arginin aufgrund der fehlenden Möglichkeit, Arginin für das Wachstum zu synthetisieren. Diese Abhängigkeit von extrazellulärem Arginin wird als Argininauxotrophie bezeichnet. Verschiedene Tumor sind Arginin-auxotroph, einschließlich des Leberzellkarzinoms, maligner Melanome, maligner Pleuralmesothelioma, Prostata- und Nierenkrebs.
Aplysia punctata Ink Toxin (APIT) ist eine L-Aminosäure-Oxidase, die durch Oxidation die Aminosäuren L-Lysin und L-Arginin depletiert und in diesem Prozess reaktive Sauerstoffspezies (ROS), wie Wasserstoffperoxid und Sauerstoffradikale, produziert. Im Einsatz gegen Krebs greift ONCAREX (PEGyliertes APIT) spezifisch Tumorzellen auf unterschiedliche Weise an: Es hungert die sich schnell teilenden und metabolisierenden Tumorzellen für die beiden Aminosäuren L-Lysin und L-Arginin aus. Zusätzlich werden die Tumorzellen der tumorabtötenden Wirkung von ROS ausgesetzt. Wichtig hierbei ist, dass APIT den Zelltod auf eine nicht-apoptotische Wirkungsweise induziert und somit einen äusserst wirksamen "Killer" von Apoptose- und gegen verschiedene Medikamente resistente Tumorzellen darstellt.
Wir haben die Produktion von ONCAREX im Industriemassstab optimiert. Hierzu existieren umfangreiche Testdaten und eine Dokumentation unter anderem zu Stabilität, akuter Toxikologie und der maximal tolerierten Dosis (MTD). ONCAREX hat sich im Tierversuch als wirksam gegen Leberzellkarzinom und "Head & Neck"-Krebs erwiesen. Zurzeit bereiten wir ONCAREX für klinische Tests vor.