Institut für Humangenetik

Forschungsprojekte

Einleitung

Zentrales Arbeitsgebiet dieser Gruppe ist die lichtmikroskopische und molekulare Struktur des Vertrebraten-Genoms, einschliesslich des Menschen. Das methodische Spekturm  der AG umfasst neben den gängigen molekulargenetischen Methoden insbesondere das grosse Spektrum zytogenetischer (Chromosomenbänderung) und molekularzytogenetischer (spektrale Karyotypisierung; FISH-) Verfahren. Neben einer Vielzahl von naturwissenschaftlichen und medizinischen Doktoranden haben zum Erfolg der AG insbesondere die langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiter Martina Guttenbach, Wolfgang Feichtinger und Indrajit Nanda beigetragen. Zu den langjährigen technischen Mitarbeitern gehören Noemi Knötgen, Claus Steinlein und Gitta Hesse.  

Weitere Informationen:

Genlokalisierungen bei Mensch und anderen Säugetieren

Genlokalisierungen in Vogelchromosomen

Chromosomale Aneuploidie-Raten in menschlichen Spermien

Fragile Chromosomen-Stellen des Menschen und anderer Primaten

Induktion von spezifischen Chromosomen-Veränderungen

Immunozytogenetik

Lage und Struktur von Chromosomen in Interphase-Zellen

Evolution und Struktur von Geschlechts-Chromosomen

Geschlechtsbestimmende Gene bei Vertebraten

Pathologie humaner Geschlechts-Chromosomen

Polyploide und gynogenetische Vertebraten

Verhaltens- und Populationsgenetik

Genomforschung vor Ort: Forschungsreisen

In den Jahren 1986 – 2005 haben 10 Mitarbeiter unserer Arbeitsgruppe (Martina Guttenbach, Dunja Lamatsch, Carlos Almeida, Thomas Haaf, Roland Weimer, Matthias Stöck, Edgar Lehr, Claus Steinlein, Wolfgang Feichtinger, Michael Schmid) insgesamt 23 Forschungsreisen von einer Gesamtdauer von 28 Monaten in folgende Länder unternommen:

 

Land

Jahr

Dauer

Förderung

 

 

 

 

Australien

1988

14 Wochen

DFG + Jubiläums-Stiftung Universität Würzburg

Brasilien

1986

1990

5 Wochen

6 Wochen

Konrad Adenauer Stiftung

DFG, DAAD

Costa Rica

1991

1997

7 Wochen

6 Wochen

DFG

DFG

Cuba

2003

6 Wochen

Volkswagen-Stiftung

Jamaica

1999

5 Wochen

DFG

Japan

1997

2 Wochen

Hiroshima University

Kleine Antillen

1993

4 Wochen

DFG

Mexico

1999

3 Wochen

DFG

Pakistan

1996

1997

2000

2 Wochen

4 Wochen

4 Wochen

Stifterverband Deutsche Wissenschaft

Stifterverband Deutsche Wissenschaft

Stifterverband Deutsche Wissenschaft

Peru

2004

2005

3 Wochen

3 Wochen

DFG

DFG

USA

1991

1998

2 Wochen

2 Wochen

Universitätsbund Würzburg

Universitätsbund Würzburg

Venezuela

1987

1988

1989

1992

1997

1998

9 Wochen

3 Wochen

6 Wochen

5 Wochen

6 Wochen

6 Wochen

DFG

DFG

DFG

DFG

Volkswagenstiftung

Volkswagenstiftung

Auf diesen Forschungsreisen wurden mit der logistischen Hilfe ausländischer Kollegen insbesondere die vom Aussterben bedrohten Spezies von Fischen, Amphibien, Reptilien und Kleinsäugetieren untersucht. Die DNA wurde asserviert und die Chromosomen wurden in den Laboratorien unserer Kollegen präpariert. Das fixierte Material wurde nach Würzburg transportiert wo die Chromosomen-Analysen stattfinden. Ein kleiner Teil der Ergebnisse dieser Studien ist bisher in über 50 Artikeln in zytogenetischen Fachzeitschriften veröffentlicht worden, das restliche Material wird im Verlauf der kommenden Jahre bearbeitet.

Ein zentraler Punkt unserer Forschungsreisen in die Amerikanischen Tropen (Costa Rica, Kleine Antillen, Cuba, Jamaica, Venezuela, Peru und Brasilien) sind zytogenetische und molekulargenetische Untersuchungen über Frösche aus der Gattung Eleutherodactylus. Diese neotropischen Amphibien bilden mit über 800 bislang beschriebenen Spezies die größte Gattung der rezenten Wirbeltiere. Sie haben eine explosive Phase der Speziation und geographischen Radiation durchlaufen und ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von den südlichen USA über Mittelamerika und der Karibik bis in das nördliche Argentinien. Sie leben in einer Vielzahl ökolgischer Nischen, von Meereshöhe bis hin zu über 3000 m in den Kordilleren der Anden. Es ist uns gelungen, über 200 dieser Eleutherodactylus-Spezies zu sammeln und deren Chromosomen darzustellen. An einer beinahe ebenso großen Zahl von Spezies wurde die mitochondriale DNA sequenziert und die phylogenetischen Stammbäume rekonstruiert. Die bisher erarbeiteten Ergebnisse zeigen, dass diese Frösche die wohl höchste Chromosomen-Mutationsrate aller lebenden Vertebraten besitzen.
 
Diese Forschung wird in enger Kooperation mit James Bogart (University of Guelph, Canada) und Blair Hedges  (PennState University, USA) durchgeführt, die unabhängig von uns zusätzliche 50 Forschungsreisen in diese Länder unternommen haben. Die Veröffentlichung dieser sehr umfangreichen Daten ist in Form einer Monographie (2006/2007) geplant.

Forschungsförderung:

•    Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Az. Schm 484/18-1
•    Deutscher Akademische Austauschdienst
•    Volkswagenstiftung

Gesellschaftliche Relevanz

Wie bei keiner anderen der Arbeitsgruppen des Instituts kommt bei den Arbeiten der AG von Michael Schmid zum Ausdruck, dass der Mensch nur eines von sehr vielen verschiedenen Lebewesen auf dieser Erde ist, deren Wurzeln rückblickend zu gemeinsamen Vorfahren konvergieren. Gerade in einer Zeit, in der Pseudowissenschaften wie Kreationismus und Intelligent Design eine neue Blüte erleben, sind die Befunde der AG Schmid von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung. Diese Arbeiten ordnen das menschliche Genom eindeutig einer langen Kette von vielfältigen und z.T. sehr komplexen evolutionären Schritten zu. So konnte z.B. gezeigt werden, dass die molekulare Architektur des menschlichen Chromosoms Nr. 9 in grossen Teilen genau der des Z-Chromosoms der Vögel entspricht, obwohl sich diese Spezies vor mehr als 300 Millionen Jahren von einem gemeinsamen Vorläufer getrennt haben. Auf jeder Ebene unseres Genoms finden sich die Spuren der Evolution: bei den Chromosomenumbauten, die das Genom der höheren Primaten vom dem des Menschen unterscheiden, bei der Entwicklung der Geschlechtschromosomen aus einem ursprünglich homologen Autosomenpaar, welches bei bestimmten Amphibienspezies noch nachweisbar ist, bei der molekularen Architektur des Genoms, wofür es über den Vergleich zwischen Menschen und Vögeln hinaus ebenso aufregende Befunde einer noch längeren evolutionären Konstanz zwischen Mensch und Zebrafisch gibt.

Wie keine andere Arbeitsgruppe in Deutschland und als eine der führenden Arbeitsgruppen weltweit hat die AG von Michael Schmid zu unserem Verständnis der Chromosomenevolution und Genomorganisation des Vertrebraten-Genoms beigetragen. Im Hinblick auf den täglichen und unwiderbringlichen Verlust von Tierspezies auf diesem Planten, die dem Druck der Industralisierung und Globalisierung nicht standzuhalten vermögen, sind die Arbeiten zur Beschreibung und Katalogisierung der mit über 800 Spezies grössten Vertebraten-Gattung (Eleutherodactylus) von überragender ökologischer Bedeutung. Die vergleichende Chromosomen- und Genomforschung, wie sie von der AG Schmid betrieben wird,  leistet damit einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftspolitischen Wertschätzung und Konservierung der biologischen Grundlagen unserer Existenz.