Nanodomänen sichtbar gemacht
04/29/2013Bei Trockenheit kommt es in bestimmten Arealen der pflanzlichen Zellmembran zu deutlichen Veränderungen. Erstmals haben Wissenschaftler diese Areale – Nanodomänen genannt – unter dem Mikroskop sichtbar gemacht und ihre Veränderung analysiert.
Pflanzen sind in der Regel im Boden festgewurzelt und können ihren Standort nicht schnell mal wechseln, wenn es ihnen zu trocken oder in anderer Hinsicht ungemütlich wird. Darum müssen sie sehr aufmerksam auf ihre Umwelt reagieren.
Unter guten Bedingungen nimmt die Wurzel Nährstoffe und das Lebenselixier Wasser auf. Oberirdisch richtet sich der Spross auf die aktuellen Lichtverhältnisse ein, betreibt Photosynthese und stellt Bausteine für Wachstum, Entwicklung und Fortpflanzung her.
Bei Stress schalten die Pflanzen dieses Standardprogramm um und stellen ihr Überleben in den Vordergrund. Sie müssen dazu Stressfaktoren wie Hitze, Trockenheit oder Krankheitserreger wahrnehmen und richtig darauf reagieren. Das schaffen sie über Sensoren, die mit einem jeweils spezifischen Netzwerk verbunden sind.
Verdrahtete Plattformen in den Membranen
„Man stellt sich das heute so vor, dass die Hüllmembranen der Zellen viele winzige Plattformen enthalten, in denen bestimmte Signalproteine miteinander in Wechselwirkung treten. Die Plattformen sind zu einem gewissen Grad miteinander vorverdrahtet. Je nach Signal werden sie dann umgestaltet“, erklärt die Pflanzenwissenschaftlerin Dr. Ines Kreuzer von der Universität Würzburg. Weil die Plattformen in den Membranen so winzig sind, heißen sie auch Nanodomänen.
Umgestaltung der Nanodomänen beobachtet
Wie Kreuzers Forschungsgruppe in der Zeitschrift PNAS berichtet, konnte sie erstmals zeigen, dass die Komponenten des Trockenstress-Signalwegs derartige Nanodomänen besetzen. In Kooperation mit Professor Gregory Harms von der Wilkes University in Pennsylvania (USA) gelang es außerdem, die Veränderung der Domänenzusammensetzung durch das Welkehormon Abscisinsäure (ABA) unter dem Laser-Mikroskop zu verfolgen.
Mit dem Hormon ABA werden Änderungen im Wasserstatus zwischen verschiedenen Teilen der Pflanzen weitergemeldet. Bei Trockenheit sorgen hohe ABA-Spiegel dafür, dass die Pflanze ihren Wasserverlust so gering wie möglich hält.
Mehrere Signalproteine beteiligt
In den Nanodomänen hat das Team um die Würzburger Nachwuchswissenschaftlerin mehrere Signalproteine als Hauptkomponenten des ABA-Signalwegs bestimmt. Kreuzer: „Es handelt sich um den Ionenkanal SLAH3, der durch die Proteinkinase CPK21 angeschaltet wird. Diese Kinase steht unter der Kontrolle der Proteinphosphatase ABI1. Sobald der Rezeptor das Welkehormon erkennt, schaltet er die Phosphatase ab und schickt die Kinase los, um den Ionenkanal zu aktivieren. Dessen Öffnung setzt nun das Signal ‚Wassermangel‘ in einen Ionenfluss um, also in eine elektrische Antwort.“
Phosphatase als „Türsteher“
Die Nanodomänen seien bei diesem Prozess quasi der „Versammlungsort“, an dem sich die beiden Reaktionspartner treffen können. Fehlt das Trockenstress-Hormon ABA, sorgt die Phosphatase dafür, dass der Ionenkanal und die Kinase die Membrandomänen nicht mehr betreten können – die zelluläre Antwort unterbleibt. „Die Weiterverarbeitung des Hormonsignals wird offensichtlich dadurch reguliert, dass bestimmte Proteine Zutritt zu speziellen Membranbereichen haben oder nicht, wobei die Phosphatase die Funktion eines ‚Türstehers‘ zu haben scheint“, so Kreuzers Fazit.
Nächste Schritte der Forschung
Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, wie das Geschehen in den Nanodomänen auf den Zellkern ausstrahlt. Denkbar ist, dass dort Trockentoleranz-Gene angeschaltet werden, die das Überleben der Pflanze auch bei Wassermangel sichern.
Ines Kreuzer forscht mit ihrer Arbeitsgruppe am Lehrstuhl für Botanik I – Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik der Universität Würzburg, der von Professor Rainer Hedrich geleitet wird. Ihre Untersuchungen werden im Graduiertenkolleg 1342 der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert.
Arabidopsis nanodomain-delimited ABA signaling pathway regulates the anion channel SLAH3, Fatih Demir, Claudia Horntrich, Jörg O. Blachutzik, Sönke Scherzer, Yvonne Reinders, Sylwia Kierszniowska, Waltraud X. Schulze, Gregory S. Harms, Rainer Hedrich, Dietmar Geiger, Ines Kreuzer, PNAS (2013), doi: 10.1073/pnas.1211667110.
Kontakt
Dr. Ines Kreuzer, Lehrstuhl für Botanik I – Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik, Universität Würzburg, T (0931) 31-86103, ifuchs@botanik.uni-wuerzburg.de
Prof. Dr. Rainer Hedrich, Lehrstuhl für Botanik I – Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik, Universität Würzburg, T (0931) 31-86100, hedrich@botanik.uni-wuerzburg.de