Pflanzen gegen Dürre wappnen
21.07.201036 Grad im Schatten, seit Wochen kaum Regen. Der Mais wächst nicht, das Getreide wird zu früh reif. Wie können Pflanzen immer länger werdende Hitze- und Dürreperioden schadlos überstehen? Das untersucht ein neuer bayerischer Forschungsverbund, an dem die Uni Würzburg beteiligt ist.
„Forplanta: Pflanzen fit für die Zukunft“: So heißt der neue bayerische Forschungsverbund, der seine Arbeit im August 2010 aufnimmt. Von der Universität Würzburg ist der Pflanzenwissenschaftler Professor Rainer Hedrich beteiligt. Mit dabei sind außerdem Forscher von drei Münchener Hochschulen sowie von der Uni Erlangen-Nürnberg. Das Wissenschaftsministerium fördert den Verbund in den kommenden drei Jahren mit rund 1,5 Millionen Euro.
Klimawandel: Wissenschaftler rechnen mit zunehmenden Wetterschwankungen, mit gehäuften Dürre- und Hitzeperioden. Für Pflanzen bedeutet das Wassermangel und Stress. Dadurch werden sie anfälliger für Krankheiten und Schädlinge – eine Entwicklung, die die landwirtschaftlichen Erträge bedroht.
Reaktion der Pflanzen auf Stress erforschen
Wie genau reagieren Mais & Co. auf Stress? „Bislang wurde nur die Wirkung einzelner Stressfaktoren auf die pflanzliche Produktivität untersucht“, sagt Rainer Hedrich. Der Schwerpunkt des neuen Forschungsverbunds liege darum auf den Reaktionen, die Pflanzen beim gleichzeitigen Auftreten mehrerer Stressfaktoren zeigen: Hitze, Dürre, Schädlingsbefall.
Ihre Erkenntnisse wollen die Wissenschaftler an der genetischen Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) gewinnen. Von dieser Pflanze gibt es Typen, die in trockenen und heißen Klimaregionen, aber auch in kalten Gebieten gedeihen. Welche Gene sind für diese Anpassungen verantwortlich, wie werden sie reguliert? Lassen sie sich manipulieren, um die Pflanzen unempfindlicher gegen Trockenheit und Hitze zu machen? Um solche Fragen geht es in dem neuen Forschungsverbund.
Stresshormon Abscisinsäure im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt stehen der Wasserhaushalt der Pflanzen und das Hormon Abscisinsäure. Dieses wirkt bei Wassermangel wie ein Stresshormon: Es sorgt dafür, dass Spaltöffnungen in der Außenhaut der Blätter geschlossen werden – aus der Pflanze entweicht dann weniger Wasser.
Die Forscher wollen den Wirkungsgrad der Abscisinsäure verbessern. Pflanzen sollen auch dann eine zufriedenstellende Wuchsleistung zeigen, wenn ihnen wenig Wasser zur Verfügung steht. Falls das gelingt: Wie wirken sich die Manipulationen auf die Hitzetoleranz und auf die Wechselwirkungen der Pflanze mit Schadpilzen und Bakterien aus? Diese Frage soll im Verbund ebenfalls geklärt werden.
Ethische Fragen zur Grünen Gentechnik
Der naturwissenschaftliche Ansatz wird sozialwissenschaftlich-ethisch begleitet: Das Verhältnis von Mensch und Natur soll dabei hinterfragt werden – vor allem im Hinblick auf die Grüne Gentechnik, also die gentechnische Veränderung von Pflanzen. Zu diesem Thema arbeitet das „Institut für naturwissenschaftliche Grenzfragen zu Philosophie und Theologie“ der Hochschule für Philosophie (München) im Verbund Forplanta mit.
Wissen auf Kulturpflanzen übertragen
Wenn die Forschungen erfolgreich verlaufen, sollen die dabei gewonnenen Erkenntnisse später auf Kulturpflanzen angewendet werden. Aber: In vielen Regionen der Erde ändert sich das Klima schneller als die herkömmliche Pflanzenzüchtung an Stress angepasstes Getreide liefern kann.
„Diese Lücke soll die Grüne Gentechnik schließen“, so Professor Hedrich. „Aber auch bei dieser gezielten und damit schnelleren Optimierung dürfen wir keine Zeit verlieren. Denn es gilt auch, die Nutzpflanzen gegen Schädlinge fit zu machen, die im Zuge der Klimaänderung einwandern werden.“
An Forplanta beteiligte Wissenschaftler
- Prof. Jürgen Soll, Ludwig-Maximilians-Universität München, Department Biologie I, Biochemie und Physiologie der Pflanzen (designierter Sprecher des Verbunds)
- Prof. Uwe Sonnewald, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Department Biologie, Biochemie
- Prof. Erwin Grill, Technische Universität München, Department Pflanzenwissenschaften, Botanik
- Prof. Rainer Hedrich, Universität Würzburg, Julius-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften, Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik
- Prof. Christian Kummer, Hochschule für Philosophie München, Institut für naturwissenschaftliche Grenzfragen zu Philosophie und Theologie
Kontakt an der Uni Würzburg
Prof. Dr. Rainer Hedrich, Julius-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften der Universität Würzburg, T (0931) 31-86100, hedrich@botanik.uni-wuerzburg.de