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Lokale Strategien

Klimafreundliche Pflanzen

Die durchschnittliche Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre betrug im Jahr 2021, 419 Teile pro Million und ist damit schätzungsweise die höchste Konzentration in den letzten 800 000 Jahren. Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich, wie zum Beispiel die Industrie, die Abholzung der Wälder und die rasche Urbanisierung. Eine so hohe Kohlendioxidkonzentration wirkt sich negativ auf die gesamte Biosphäre aus.

Ein natürlicher Ansatz, um die CO₂-Konzentration der Atmosphäre zu senken, ist die Aufnahme von CO₂ aus der Atmosphäre durch den Prozess der Photosynthese, der in Pflanzen, Algen und Cyanobakterien stattfindet. 

"Deswegen kann eine wichtige Lösung sein, besonders stark CO₂-speichernde Pflanzen anzubauen, damit man trotz weltweit schrumpfender Waldflächen dennoch die CO₂-Speicherung erhöhen kann." (1)

Hierzu ein kleiner Exkurs in das Pflanzenreich, um für dieses Thema wichtige Aspekte der CO₂-Umwandlung in Pflanzen besser verstehen zu können.

Nicht alle Pflanzen betreiben diese für uns lebenswichtige Leistung, die Photosynthese, auf die gleiche Weise. Angepasst an die jeweiligen klimatischen Bedingungen an ihrem Standort, haben verschiedene Pflanzen unterschiedliche Photosynthesewege entwickelt. Der zentrale Unterschied besteht in der Art und Weise der CO₂-Bindung in den Pflanzenzellen.

90 % aller Pflanzen gehören zu den sogenannten C3-Pflanzen. Dazu zählen zum Beispiel die Kartoffel, Bäume, Soja, Reis oder Weizen.

Drei Prozent der Pflanzen bezeichnet man als C4-Pflanzen, wie beispielsweise jene aus der Familie der Wolfsmilchgewächse, Mais und Amarant.

Die restlichen sieben Prozent werden als CAM-Pflanzen benannt. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Pflanzen aus subtropischen und tropischen Gebieten, wie Kakteen, Orchideen und der Ananas.

RuBisCo (Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase/-oxygenase) ist das Enzym, welches bei der oxygenen Photosynthese in Pflanzen und Bakterien für die Fixierung von CO₂ verantwortlich ist. An dieser Stelle tritt CO₂ in den Stoffwechselkreislauf der Pflanze ein und kann somit im Verlauf der Photosynthese zusammen mit Licht und Wasser, in Glucose und Sauerstoff umgewandelt werden.

Die CO₂-Fixierung durch RuBisCo hat einen zentralen Nachteil: RuBisCo kann nicht nur Kohlenstoffdioxid, sondern auch Sauerstoff binden. Anders als C3-Pflanzen, haben C4- und CAM-Pflanzen Mechanismen entwickelt, um die Bindung von Sauerstoff an RuBisCo, die sogenannte Oxygenase-Aktivität des Enzyms, zu vermeiden. Die Bindung von Sauerstoff an RuBisCo hat zwar keinen direkten negativen Effekt, jedoch wird durch die Besetzung der Bindungsstellen verhindert, dass in dieser Zeit CO₂ vom Enzym umgewandelt werden kann. Die Bindung von O2 an RuBisCo ist folglich ein Prozess, der das Wachstum der Pflanzen einschränkt und energetisch ineffektiv ist.

Im Rahmen des Projekts "Klimafreundliche Pflanzen" versuchen Bioinformatiker der Universität Würzburg unter anderem, C3-Pflanzen so umzuprogrammieren, dass die Bindung von Sauerstoff an RuBisCo reduziert wird und folglich mehr CO2 in den Pflanzenzellen umgesetzt und als Biomasse gespeichert wird. 

In diesem Projekt wurden mehrere bereits veröffentlichte synthetische Modelle optimiert. Kombiniert wird der CETCH-Zyklus und die alternative Photosynthese III mit der Blockierung des PLGG1-Rezeptors, wodurch die Rubisco-Oxygenase-Aktivität unterdrückt wird und der Fluss der Metaboliten in die Peroxisomen drastisch reduziert und jener für die Photosynthese wichtigen Enzyme erhöht wird, was zu einer schnelleren und effizienteren CO2-Aufnahme führt. (2)

Dies kann erreicht werden, indem man die involvierten Stoffwechselwege in der Pflanze künstlich am Computer nachbaut, anschließend optimiert und letztendlich in lebende Pflanzenzellen überführt.

 

Smart Cities

Megastädte wie Japan mit ca. 37 Millionen Einwohnern, dicht gefolgt von Delhi und Schanghai, sind absolute Hotspots für Klimagasemissionen.(1) „Eine Verbesserung der urbanen Räume in Hinsicht auf eine Effizienzsteigerung mithilfe von modernen Technologien“(2), ist ein guter Ansatz, um sowohl die allgemeine Lebensqualität in den stetig wachsenden Metropolen zu verbessern, sowie ein wichtiger Ansatz für verschiedene Klimamilderungsstrategien. Von simplen Ideen zur klimamildernden Umstrukturierung ungenutzter Innen- und Außenflächen der Stadt, bis hin zu hochkomplexen Konzepten für emissionsneutrale Verkehrssysteme, ist das Innovationspotential von Städten praktisch unbegrenzt.

Ausgeschrieben als „Die moderne, intelligente Stadt: SMART CITY - Lernen von der Biologie“, gibt es für Studierende der Universität Würzburg eine ganze Lehrveranstaltung zu diesem Thema. Dort werden bereits bestehende Ansätze durch Recherchearbeit zusammengetragen und später in der Diskussion durch eigene Ideen ergänzt.

Das Schönste an dieser Klimamilderungsstrategie ist jedoch, dass absolut jeder daran mithelfen und teilhaben kann. Sei es nun in einer Kleinstadt oder in einer Megacity, jeder Einwohner hat seinen individuellen Platz in seinem Stadtsystem und kann von dieser Perspektive aus eigenen Ideen entwickeln, den Arbeitsalltag und die Freizeit in der Stadt klimaschonend oder sogar klimamildernd zu gestalten.

Vielleicht hast du ja Spaß daran, einen Fahrrad-Tag auf der Arbeit einzuführen, an dem du mit deinen Kollegen morgens zusammen mit dem Fahrrad zur Arbeit fährst und ihr deswegen eine halbe Stunde später anfangen dürft. Oder du besorgst ein paar Gemüsepflanzen, welche von da an die hässliche sterile Terrasse mit Leben erfüllen und für einen kleinen kostenlosen Pausensnack sorgen. Vielleicht kannst du versuchen eine Bürgerbefragung zu organisieren, die dafür plädiert, den ungenutzten betonierten Platz, an dem du morgen auf dem Weg zur Arbeit vorbeikommst, in einen kleinen Park zu verwandeln. Oder dir fällt auf, dass eine Buslinie eine ineffiziente Strecke fährt, und informierst das Bürgerbüro über eine gute Alternative. Was in deiner Umgebung möglich ist, weißt du am allerbesten.

Weitere Informationen und Anregungen zum Thema „Smart City“ befinden sich im folgenden Literaturverzeichnis.

Moore verwässern

Dass Wälder als wichtiger Kohlenstoffspeicher dienen und deshalb als Naturraum besonders schützenswert sind, ist allgemein bekannt. Ein weiterer ebenso wichtiger Naturraum steht daneben weitaus seltener im Zentrum der Diskussion, „obwohl es in seiner Funktion als Kohlenstoffspeicher in Hinblick auf die Effizienz Wälder sogar überholt.“ (1) Durch die Entwässerung und den Abbau von Mooren zum Zweck der Landgewinnung und dem Torfabbau, werden drastische Mengen an Klimagasen freigesetzt. „Mehr als 95 % der deutschen Moore befinden sich heute nicht mehr im ursprünglichen Zustand oder sind völlig verschwunden.“, wie es in einem Positionspapier der Grünen vom 2021 geschrieben steht (2). Dort heißt es ebenfalls, dass jährlich ca. 8 Millionen Kubikmeter Torf als Substrat für den heimischen Gartenbau und den Export verarbeitet. Eine Umstellung auf eine klimafreundliche Landnutzung der Moore, der Schutz und die Renaturierung von Mooren ist folglich aus Klimaschutzgründen von größtem Interesse.

Ein wichtiger Ansatz ist der Schutz der Moore auf Ebene der Gemeinde, da Moore in vielen Bezirken in Bayern oft kleinflächig verteilt sind (2). Förderungsprogramme sollen für Gemeinden als Anreiz dienen.

Außerdem kann ein wichtiger Beitrag sein, die Bedeutung des Moorschutzes durch Bildungsmaßnahmen zu vermitteln. Generell ist über ein wichtiges Thema informiert zu sein und damit in Diskussion mit anderen zu treten, oft ein unterschätzter Beitrag.

Durch Entwicklung und Umstellung auf klimafreundliche attraktive Alternativen kann die Nutzung der Moore klimafreundlich gestaltet werden. Ein Ansatz dafür ist die Nutzung der Moore als Paludikulturen, also die Kultivierung von Pflanzen in verwässerten Mooren. „Ein traditionelles Beispiel dafür ist der Anbau von Schilf für Dachreet.“ (3) Von zentraler Bedeutung ist dabei die Kultivierung von Torfmoosen als Torfersatz für Kultursubstrate, da dessen Gewinnung der Hauptgrund für den Abbau der Moore darstellt.

Weitere wichtige Beiträge auf privater Ebene könnten die Förderung und personelle Unterstützung von Projekten zur Renaturierung von Mooren sein, sowie das Wählen von Parteien, welche sich für den Schutz der Moore aussprechen.

Literatur zu Moore verwässern


1. Marina Weishaupt. Warum Moore die besseren Wälder sind, National Geographic. 16.05.2022. zuletzt aufgerufen am: 07.12.2022

2. Bündnis 90 Die Grünen, Landtag Bayern. Positionspapier Unser Wasser – Erhalten, was uns erhält. 23.09.2021. zuletzt aufgerufen am: 07.12.2022

3. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Forschungsprojekt: MOOSWEIT/MOOSzucht – Torfmoose als Torfersatz. zuletzt aufgerufen am: 07.12.2022

4. Bundesamt für Naturschutz. Paludikultur.  zuletz aufgerufen am: 07.12.2022