Nanotechnologie für die Umwelt
20.12.2016Organische Solarzellen umweltverträglicher produzieren, Energiespeicher mit höherer Leistung bauen: Würzburger Forschungsinstitute haben im bayerischen Projektverbund UMWELTnanoTECH für Fortschritte gesorgt. Hier sind ihre Ergebnisse.
Die Nanotechnologie bietet viele Chancen für Umwelt und Gesundheit. Mit ihrer Hilfe lassen sich Rohstoffe und Energie sparen, bessere Solarzellen und leistungsfähigere Akkus entwickeln und umweltschädliche durch umweltschonende Stoffe ersetzen.
„Nanotechnologie ist eine wichtige Zukunftstechnologie. Der Projektverbund UMWELTnanoTECH hat ausgezeichnete Ergebnisse geliefert. Kleinste Bausteine können einen großen Beitrag für den Umweltschutz leisten. Wir müssen mit den Chancen dieser Zukunftstechnologie verantwortungsvoll umgehen; eine umweltverträgliche Nutzung steht dabei an oberster Stelle“, so Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf am 23. November 2016 in Erlangen.
Dort wurden die Ergebnisse des Verbunds auf dem internationalen Kongress „Next Generation Solar Energy Meets Nanotechnology“ vorgestellt. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hatte den Verbund aus zehn Einzelprojekten drei Jahre lang mit rund drei Millionen Euro finanziert.
Drei Würzburger Projekte
Drei der zehn Projekte waren in Würzburg angesiedelt. Professor Vladimir Dyakonov aus der Physik leitete das Vorhaben „Umweltverträgliche hocheffiziente organische Solarzellen“ und war zudem Sprecher des Bereichs „Organische Photovoltaik“. Professorin Anke Krüger aus der Chemie verantwortete das Projekt „Ultraschnelle elektrische Speicher auf Basis von Nanodiamantkompositen“.
Das dritte Projekt war beim Leiter des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung, Professor Gerhard Sextl, angesiedelt: „Hybridkondensatoren für smart grids und regenerative Energietechnologien“. Sextl, der an der Uni Würzburg den Lehrstuhl für Chemische Technologie der Materialsynthese innehat, war außerdem Sprecher des Bereichs „Energiespeicher“.
Hier die drei Würzburger Projekte und ihre Ergebnisse.
Umweltfreundliche Tinten für organische Solarzellen
Organische Solarzellen haben inzwischen relativ hohe Wirkungsgrade: Sie wandeln rund elf Prozent der eintreffenden Sonnenenergie in elektrischen Strom um. Zudem lassen sie sich über Tintendruckverfahren relativ kostengünstig herstellen. Dabei werden organische Nanopartikel mit Hilfe von Lösungsmitteln auf feste oder biegsame Trägermaterialien aufgebracht. Das ermöglicht neue Anwendungen in der Architektur, zum Beispiel die Integration von Solarzellen in Fensterfassaden oder das Einkleiden von gewölbten Oberflächen.
Der Haken an der Sache: Bislang funktionieren die Tintendruckprozesse hauptsächlich mit toxischen Lösungsmitteln, zum Beispiel aus Dichlorbenzol. Diese belasten Mensch und Umwelt und erfordern bei der Produktion aufwändige und teure Sicherheitsstandards.
Den Professoren Vladimir Dyakonov und Christoph Brabec (Universität Erlangen-Nürnberg) ist es gelungen, mit Hilfe von Nanomaterialien umweltfreundliche organische Photovoltaik-Tinten auf Basis von Wasser oder Alkohol zu entwickeln. Die Wirkungsgrade der Solarzellen blieben dabei erhalten. Zudem hat die Forschungsgruppe neue Simulationsverfahren entwickelt: „Mit ihnen können wir vorhersagen, welche Lösungsmittel- und Materialkombinationen für die umweltfreundliche Herstellung organischer Solarzellen geeignet sind“, erklärt Dyakonov.
Kontakt
Prof. Dr. Vladimir Dyakonov, Physikalisches Institut, Universität Würzburg, T +49 931 31-83111
dyakonov@physik.uni-wuerzburg.de
Zur Homepage von Vladimir Dyakonov
Nanodiamanten für ultraschnelle elektrische Speicher
Für hoch effiziente Elektroautos sind bessere Energiespeicher nötig, denn die gängigen Akkus haben noch Nachteile – unter anderem eine geringe Zyklenfestigkeit und eine stark eingeschränkte Leistungsdichte. Ersteres bedeutet, dass die Akku-Kapazität nach mehreren Lade- und Entladevorgängen schrumpft. Und Letzteres heißt, dass beim schnellen Laden oder Entladen nur ein kleiner Bruchteil des Energiespeichers genutzt wird.
Als hoch effiziente Energiespeicher spielen – neben Batterien – auch Superkondensatoren eine wichtige Rolle, da sie den Akkus in Bezug auf Zyklenfestigkeit und Leistungsdichte überlegen sind. Ihre Energiedichte ist allerdings im Vergleich zu Lithium-Ionen-Speichern viel geringer. Darum müssen Superkondensatoren deutlich größer als Akkus gebaut werden, wenn sie vergleichbare Energiemengen bereitstellen sollen.
Hier hat Professorin Anke Krüger in Kooperation mit Dr. Gudrun Reichenauer vom Bayerischen Zentrum für angewandte Energieforschung (ZAE Bayern) für einen Fortschritt gesorgt. Die Idee der Forscherinnen: die Elektroden von Superkondensatoren nicht aus nur Aktivkohle zu bauen, sondern sie mit anderen Kohlenstoffmaterialien zu modifizieren, nämlich mit Nanodiamanten und Kohlenstoffzwiebeln – kleinen Partikeln also, die eine Schalenstruktur wie Zwiebeln aufweisen.
Der Ansatz verspricht Erfolg. Kombiniert man die Nanomaterialien mit geeigneten Elektrolyten, lassen sich die Leistungsparameter der Superkondensatoren deutlich erhöhen. „Ausgehend von diesen Ergebnissen können nun anwendungsnahe Energiespeicher konstruiert und auf ihre Anwendbarkeit getestet werden“, so Krüger.
Kontakt
Prof. Dr. Anke Krüger, Institut für Organische Chemie, Universität Würzburg, T +49 931 31-85334, krueger@chemie.uni-wuerzburg.de
Höhere Speicherkapazität von Hybridkondensatoren
Effizientere und schnellere Energiespeicher standen auch im Mittelpunkt des Projekts von Professor Gerhard Sextl. Seinem Forschungsteam an der Universität Würzburg ist es gelungen, sogenannte Hybridkondensatoren zu hoch effizienten und umweltverträglich herstellbaren Energiespeichern weiterzuentwickeln.
Hybridkondensatoren sind eine Kombination aus Superkondensatoren auf Basis von elektrochemischen Doppelschichtkondensatoren und der Ladungsspeicherung in einer Batterie. Zum einen können sie Energie durch die Ausbildung einer elektrochemischen Doppelschicht wie in einem Superkondensator schnell speichern und bei Bedarf ebenfalls schnell wieder zur Verfügung stellen. Zum anderen nehmen sie, analog zu Lithium-Ionen-Batterien, eine größere Energiemenge durch die Einlagerung von Lithium-Ionen in ein Batterie-Aktivmaterial auf. Durch die Kombination beider Speichermechanismen können Systeme mit hoher Energie- und Leistungsdichte kostengünstig realisiert werden.
Kernstück der Hybridkondensatoren sind die mit modifizierten Aktivmaterialien – Lithiumeisenphosphat und Lithiumtitanat – beschichteten Elektroden. Damit lassen sich um den Faktor zwei höhere Speicherkapazitäten erreichen als mit herkömmlichen Superkondensator-Elektrodenmaterialien.
„Wir haben es geschafft, mit unserer Materialentwicklung die Vorteile beider Systeme zu verbinden und sind so der Realisierung eines neuen schnellen und zuverlässigen Speicherkonzepts einen wesentlichen Schritt näher gekommen“, so Sextl. Unterstützt wurden die Arbeiten an der Universität durch das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung in Würzburg, eine der führenden Batterieforschungseinrichtungen in Deutschland.
Kontakt
Prof. Dr. Gerhard Sextl, Lehrstuhl für Chemische Technologie der Materialsynthese, Universität Würzburg, und Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC, T +49 931 4100-100
Zur Homepage des Fraunhofer-Instituts
Website des Projektverbunds
Alle Projektergebnisse sind ausführlich auf der Website des Verbunds dargestellt.
www.nanowissen.bayern.de/forschung/umweltnanotech/
In einem Youtube-Video präsentieren Vladimir Dyakonov, Gerhard Sextl und Martin S. Brandt (TU München) außerdem einige Projektergebnisse: