Biozentrum der Universität Würzburg

Motivatoren und beruhigende Stimme

24.10.2017

Die Fakultät für Biologie bietet im Rahmen des „Qualitätspakt Lehre“ Vorkurse zu den Themen Bio-Statistik, Organische Chemie und Anorganische Chemie an. Die Studierenden Kevin Bongers und Nico Wolf haben den Vorkurs „Anorganische Chemie – Grundlagen für Studierende der Biologie“ mit initiiert und überzeugen als studentische Lehrende mit umfassendem Wissen und attraktiven Lehrmethoden.

Über 150 Studienanfänger arbeiten im Vorkurs „Anorganische Chemie“ aktiv mit. (Foto: Annette Popp)
Über 150 Studienanfänger arbeiten im Vorkurs „Anorganische Chemie“ aktiv mit. (Foto: Annette Popp)

Unter der Leitung von Dr. Ulrike Rapp-Galmiche, Koordinatorin des KOMPASS Tutoren- und Mentorenprogramms in der Fakultät für Biologie und Vorkursinitiatorin, haben Kevin Bongers (Bachelor Biologie) und Nico Wolf (Lehramt Biologie und Chemie) den Vorkurs zur Anorganischen Chemie zum ersten Mal im September 2016 gehalten. Im jetzigen Wintersemester sind es 150 Teilnehmer, die vom 12. bis 14. Oktober eine Einführung in die Grundlagen der Anorganischen Chemie (AC) erhalten und wesentliche Kenntnisse aus der Schulzeit wiederholen. Inhaltlich richtet sich der Kurs an Studierende der Biologie, Biomedizin und Medizin/Zahnmedizin. Der Kurs ist ein freiwilliges Angebot, die große Zuhörerzahl spricht für das erfolgreiche Kurskonzept: Erstsemesterstudierende wiederholen und vertiefen Grundlagenkenntnisse in AC, die im Biologiestudium schon ab dem ersten Semester zum Bestehen der Klausur benötigt werden.

Innovativ und interaktiv

Kevin Bongers und Nico Wolf haben in der Fakultät für Biologie eine spezielle Ausbildung zu qualifizierten Tutoren im Rahmen des KOMPASS Tutoren- und Mentorenprogramms durchlaufen. Dort haben sie innovative Lehrmethoden kennen gelernt und setzen diese umgehend in ihren Lehrveranstaltungen ein. Die Tutorenausbildung wurde an der Fakultät von Ulrike Rapp-Galmiche konzipiert und 2014 von der Hochschulrektorenkonferenz als Good practice-Beispiel ausgezeichnet.

Gleich zu Beginn des ersten Tages teilen Kevin und Nico sogenannte „Clicker“ an alle im Hörsaal aus, viele Erstis lernen diese Abstimmgeräte hier neu kennen. Erste Fragen der beiden Tutoren werden in die große Runde gegeben und können per Clicker anonym beantwortet werden. So arbeiten die jungen Studienanfänger von Anfang an interaktiv mit und scheuen sich nicht vor falschen Antworten. Die Abstimmgeräte motivieren dazu, einen Lösungsweg, nicht nur eine richtige Antwort, auf kleine Übungsaufgaben zu finden. „Die Studierenden versuchen zuerst selbst zu antworten und besprechen dann ihren Lösungsansatz mit den Bankachbarn. So werden Denkfehler gemeinsam erkannt und korrigiert. Die Studierenden erkennen, es geht vorrangig um Verständniserwerb“, erklärt Rapp-Galmiche.

Man spürt im Hörsaal die gute Atmosphäre, die die Teilnehmer am Ende des Kurses ebenfalls in einer schriftlichen Evaluation bestätigen: Eine aktivierende, ungezwungene Lernatmosphäre und eine intensive, persönliche Betreuung durch die Tutoren. Kevin und Nico ermutigen ihre Kursteilnehmer aktiv mitzuarbeiten anstatt sich „berieseln“ zu lassen: „Macht insbesondere in den Übungen effektiv mit, hängt Euch hier rein, erlernt gründlich das Recherchieren! Denn was ihr einmal eigenständig erarbeitet habt, behaltet ihr fürs ganze Studium, diese Kenntnisse verblassen nie.“ Dann formulieren die Tutoren klar die Regeln und das gemeinsame Ziel des Kurses: „Wir erwarten von Euch allen gute Mitarbeit, sonst haltet ihr die Gruppe auf. Wir wollen, dass ihr alle auf den gleichen Wissenstand kommt.“

Der ungleiche Wissensstand ist laut Koordinatorin eine Herausforderung für die beiden Kursleiter und einer der Gründe für die Initiative zum Vorkurs. „Bei den Abiturienten fehlen oftmals die erforderlichen Grundlagenkenntnisse der Chemie, die Teilnehmer kommen aus allen Bundesländern mit unterschiedlichen Schulzweigen“, sagt Ulrike Rapp-Galmiche.

Ab dem ersten Semester das Lernen lernen

„Nicht nur Wissen auffrischen und vertiefen, sondern auch das eigene Vorwissen selbst einschätzen, eigene Schwächen erkennen und bewusster an das Lernen ab dem ersten Semester herangehen – dies sind unsere Ziele des Vorkursprogramms“, erklärt  Rapp-Galmiche. Der Vorkurs biete eine ideale Möglichkeit Grundlagen zu wiederholen und ein homogeneres Vorwissen zu erzielen. Die Mehrzahl der Teilnehmer melde sich im Anschluss an den Vorkurs auch gleich für nachfolgende Tutorien zur Klausurvorbereitung an. Sehr umfangreich ist nämlich der Stoff für die erste Klausur in der Biologie: Das Wintersemester beginnt Mitte Oktober und schon Anfang Dezember steht die erste Prüfung in Anorganischer Chemie, einem von vier Nebenfächern im ersten Semester, an.

Der Erfolg der Vorkurse und semesterbegleitenden Tutorien ist messbar an der Bestehensquote der Modulprüfung in Anorganischer Chemie: Seit Einführung der Maßnahmen hat sich die Durchfallquote von 75% auf etwa 30% gesenkt, die Klausurnoten haben sich im Schnitt um 0,3 Notenpunkte verbessert. Ein ebenfalls positiver Effekt des Vorkursformats ist laut Koordinatorin auch der Aufbau von Netzwerken der Studienanfänger untereinander als auch zu den Tutoren aus höheren Semestern.

Motivatoren und beruhigende Stimme

Nico Wolf macht seine Tätigkeit als Vorkursleiter sichtlich Spaß: „Ich genieße diesen Kurs richtig, die Zeit vergeht so schnell.“ Einige Semester zuvor hatte er bemerkt, wie schwer sich Studierende mit der Anorganischen Chemie tun. Hier ist die Idee entstanden freiwillig den Mitstudierenden zu helfen, die Schwierigkeiten bei der AC-Klausurvorbereitung hatten, und Tutor im KOMPASS-Programm zu werden. Von der heutigen Rolle des studentischen Lehrenden profitiere er sehr, er könne seine Sozialkompetenzen ausbauen und sich fachlich weiterentwickeln, so der Tutor. „Erst wenn ich selbst den Stoff durchdrungen habe, kann ich ihn gut erklären und auf Fragen eingehen.“ Und weiter: „Wenn ich vorne an der Tafel stehe, muss ich Gedanken schnell verknüpfen, Sachverhalte anschaulich erklären, Fragen beantworten, das Plenum im Blick behalten, Folien präsentieren und vieles mehr.“

Nicos persönlicher Tipp an Erstis: „An der Uni gilt zuerst: Lernen lernen! Macht Euch fit in Zeitmanagement und lernt die Stoffmasse gut zu bewältigen.“

Auch für Kevin Bongers ist der Vorkurs ist eine wichtige und schöne Erfahrung: „Eine tolle Chance für mich, das Wissen, das ich mühsam erlernt habe, weiter zu reichen und zu teilen.“ Und weiter: „Das Kreative an meinem Job ist, für ein Thema verschiedene Erkläransätze parat zu haben. Hierfür setze ich neue Lernmethoden wie Just-in-time-Teaching oder Clicker ein.” Positiv bemerkbar mache sich seit seiner Lehrtätigkeit zudem sein verbesserter Präsentations- und Vortragsstil.

Kevins persönlicher Tipp an Erstis: „Nutzt jede Klausur als Chance zur Übung, schreibt sie mehrmals mit und verfeinert Euer Wissen! Und setzt Vertrauen in Euch!“

Die beiden Tutoren möchten allen Studienanfängern die gleichen Chancen für ein erfolgreiches Studium ermöglichen und für alle da sein: „Manche Teilnehmer sind fit und geben Gas, viele aber trauen sich selbst wenig zu und sind unsicher, haben ein schlechtes Selbstwertgefühl nach einer ersten Schockwelle im akademischen Betrieb.“ Mit ihren eigenen Worten beschreiben die Tutoren ihre Rolle am treffendsten: „Wir Vorkursleiter sind Motivatoren und die beruhigende Stimme.“

Weitere Initiativen für den Studienerfolg

Die Fakultät für Biologie bietet neben den Vorkursen weitere Betreuungsangebote in den ersten zwei Semestern: Eine Vielzahl an Tutorien sowie Erklär-Hiwis, die Hilfestellung beim Schreiben von Praktikumsberichten und Protokollen leisten. Außerdem unterstützen Tutoren in den praktischen Übungen beim Verstehen und Durchführen von Versuchen. Nicht zuletzt finden Miniworkshops zu den Themen Zeit- und Selbstmanagement, Lern-Lesetechniken und Stressbewältigung statt. „Unsere Angebote sollten unsere Erstsemesterstudierenden als Chance unbedingt nutzen“, sagt Rapp-Galmiche. Im Rahmen des Mentorings bekommt jeder Erstsemesterstudierende aus den Studiengängen Biologie Bachelor, Biologie Lehramt und Biomedizin einen persönlichen studentischen KOMPASS-Mentor.

Kevin Bongers und Nico Wolf erhielten den 2017 erstmals vergebenen "Tutorenpreis der Biologie" für ihren langjährigen Einsatz in den Fachtutorien zur Anorganischen, Organischen und Physikalischen Chemie und besonders für ihren Einsatz und ihre Initiative bei der Einführung von Vorkursen zur Anorganischen und Organischen Chemie.

Das KOMPASS Tutoren- und Mentorenprogramm der Biologie wird im "Qualitätspakt Lehre" aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Kontakt und Webseite:

Dr. Ulrike Rapp-Galmiche, Koordinatorin KOMPASS-Tutoren- und Mentorenprogramm in der Fakultät für Biologie, T. +49 931 31-86901, Mail: ulrike.rapp-galmiche@uni-wuerzburg.de

Webseite „Initiativen für den Studienerfolg im Qualitätspakt Lehre“ an der Fakultät für Biologie

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Von Annette Popp

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