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  • Schaumzikade an einer krautigen Pflanze
  • Versuchsaufbau mit Samenplatte und Käfig
  • Eine Spinne in ihrem Netz zwischen Kräutern
  • Herbstlicher Buchenwald mit Messinstrumenten
  • Eine sehr kleine Spinne an einer gelben Blüte
Juniorprofessur für Angewandte Biodiversitätsforschung

Neue Studie zu Waldbewirtschaftungssystemen und ihre Auswirkungen auf die Biodiversität

23.08.2024

Die Waldbewirtschaftung hat zweifellos Auswirkungen auf die Waldstruktur und die Biodiversität. Das oft gezeichnete Schwarz-Weiß-Bild, das zu dem Schluss führt, dass die Einzelbaumentnahme dem Altersklassenwald vorzuziehen sei, konnte jedoch durch eine aktuelle Studie von Dr. Britta Uhl und ihren Kollegen, die im August 2024 in „Biodiversity and Conservation“ veröffentlicht wurde, nicht bestätigt werden.

Diese stigmatisierende Sichtweise ist in der Tat das Ergebnis einer Vereinfachung und falschen Verwendung forstwirtschaftlicher Begriffe in Studien, einer zu starken Fokussierung auf Alpha-Diversitätsmaße und der Tatsache, dass Umtriebszeiten oft ignoriert werden.

Wie entsteht eine artenreiche Waldlandschaft?

Fast 30 % Deutschlands sind von Wäldern bedeckt. In ganz Europa sind es sogar 34,8 % der Landesfläche. Während nur 0,7 % der europäischen Wälder als „unbeeinflusst vom Menschen“ gelten, sind die meisten anderen Teile durch menschliche Aktivitäten geprägt. Während die Erhaltung und der Schutz ungestörter Wälder aus Gründen der Artenvielfalt außer Frage steht, müssen wir auch über eine Verbesserung der Bewirtschaftungspraktiken in Wirtschaftswäldern nachdenken, damit wir alle wichtigen Ökosystemfunktionen und die vielfältigen Artengemeinschaften, die in Wäldern zu finden sind, erhalten können. Im Rahmen ihrer neuen Studie haben Dr. Britta Uhl (Uni Würzburg), Dr. Peter Schall (Universität Göttingen) und Prof. Dr. Claus Bässler (Universität Bayreuth) die verfügbare Literatur zur Waldbewirtschaftung überprüft, um herauszufinden, wie unterschiedliche Bewirtschaftungstechniken die Artenvielfalt beeinflussen. Das übergeordnete Ziel war herauszufinden, wie biodiversitätsreiche Waldlandschaften geschaffen werden können und welcher Waldbewirtschaftungsansatz daher der Beste ist.

Wenn Menschen gefragt werden, wie eine nachhaltige Waldbewirtschaftung aussehen sollte, beziehen sie sich oft auf einen Ansatz der minimalen Eingriffe, bei dem nur einzelne Bäume gefällt, keine Kahlschläge durchgeführt und keine großen Maschinen eingesetzt werden. Tatsächlich ist dies auch das Ziel des sogenannten „close-to-nature“ Waldbewirtschaftungsansatzes, der lange als Goldstandard für die Erhaltung multifunktionaler Wälder galt. Aber ist dies wirklich die beste Lösung?

Der Diversity-in-Management-Ansatz zur Schaffung biodiversitätsreicher Waldlandschaften

Während die Einzelbaumentnahme tatsächlich ein guter Ansatz ist, um einen Wald mit kontinuierlich geschlossenem Kronendach zu schaffen und die Regeneration schattentoleranter Bäume zu unterstützen, führt die Förderung nur eines Managementansatzes oft zu recht monotonen Wäldern auf der Landschaftsskala. Waldlandschaften sollten jedoch nicht monoton sein, sondern alle verschiedenen Waldstadien und -typen repräsentieren, die auch natürlich vorkommen würden. Und hier liegt das Problem: Menschen erwarten oft, dass Wälder stabil und „sauber“ sind, also aus großen, gesunden Bäumen bestehen, ohne Lücken im Kronendach und ohne Totholz auf dem Boden. Wälder sind jedoch alles andere als stabil – sie sollten als dynamische Systeme betrachtet werden, die ihre Struktur im Laufe der Zeit ändern und in vielen Formen auftreten können.

Wälder als dynamische Systeme

Wenn in einem Wald keine Eingriffe vorgenommen werden, kann man einen Zyklus aus natürlicher Entstehung, Wachstum, Reifung und Verfall eines Waldes beobachten (das sogenannte Mosaik-Zyklus-Konzept). Wenn Wälder künstlich in einer stabilen „Optimalphase“ gehalten werden, verlieren wir alle Arten, die von anderen Waldstrukturtypen abhängig sind, wie Pionierarten, die Wälder der „Pionierwaldphase“ bevorzugen, oder viele Totholzarten, die in Wäldern der „Plenter“- oder „Zerfallsphase“ leben. Daher ist ein Diversity-in-Management-Ansatz erforderlich, bei dem unterschiedliche Managementsysteme unterschiedliche Waldstadien schaffen. Ein Kahlschlag (der ein Teil des sogenannten Altersklassenwaldes ist) mag auf den ersten Blick katastrophal aussehen, ist aber eine Möglichkeit, Wälder in der „Ruderalphase“ und „Pionierwaldphase“ zu schaffen. Obwohl Managementsysteme mit gleichaltrigen Bestandsstrukturen (z.B. Altersklassenwald oder Schirmschläge) einen schlechten Ruf haben, können diese Systeme tatsächlich eine hohe Landschaftsheterogenität schaffen, die zu einer hohen regionalen Gamma-Biodiversität führt.

Heterogenität in Waldlandschaften: Der Schlüssel für hohe Biodiversität

Um Waldlandschaften mit hoher Biodiversität zu schaffen, sollte Heterogenität auf verschiedenen Skalen gefördert werden. Die erste Skala ist die der Waldtypen, die hauptsächlich durch die Bodeneigenschaften und das Makroklima vorgegeben ist. Einige Gebiete sind für Nadelwälder geeignet, während andere Gebiete die abiotische Umgebung für Laubwälder wie Buchen- oder Eichenwälder bieten. Je nach Waldtyp gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, das Management umzusetzen. In Buchenwäldern sind Managementtechniken mit durchgehend geschlossenem Kronendach vorzuziehen (z.B. Einzelbaumentnahme), da sich Buchen unter geschlossenen Kronen am besten naturverjüngen. Für Eichenwälder hingegen sollten Managementtechniken bevorzugt werden, die mehr Licht schaffen, wie z. B. Femelschlagsysteme, da Eichen mehr Licht für die Naturverjüngung benötigen.

Die zweite Skala ist die der Waldentwicklungsphasen: Wollen wir einen Wald der Pionierwald-, Optimal- oder Plenter-Phase schaffen? Je nach Phase können unterschiedliche Managementtechniken nützlich sein. Ruderal- und Pionierwaldphasen können durch die Anwendung von Femelschlägen oder Kahlschlägen geschaffen werden. „Terminal-Phasen“-Wälder hingegen können nur durch Trittsteinkonzepte oder den Schutz einzelner Waldgebiete geschaffen werden, da diese Phase durch Altbaumbestände und Totholz gekennzeichnet ist. Interessanterweise können einige traditionelle Managementpraktiken, wie Mittelwaldmanagement, Wäldern in der „Terminalphase“ ähneln, weshalb diese traditionellen Praktiken ebenfalls beibehalten werden sollten.

Die letzte Skala zur Schaffung von Heterogenität ist die/der lokale Regenerationsmodus, Durchforstungsgrad, Trittstein-/Schutzflächengröße und Lückengröße (je nachdem, welches Waldstadium wir betrachten). Ein Wald im Optimal-Stadium kann beispielsweise mit geringer Durchforstungsintensität (d. h. Entfernen einzelner Bäume) oder mit hoher Durchforstungsintensität (d. h. mehr Bäume oder Baumgruppen werden entfernt) bewirtschaftet werden. Der Grad der Durchforstung kann entscheidend sein, wenn es darum geht, Begleitbaumarten mit unterschiedlichen ökologischen Ansprüchen zu fördern. Auch die Lückengröße innerhalb eines Waldes im Pionierwaldstadium kann durch verschiedene Stufen von geringer Intensität (d. h. ein kleiner Femelschlag/ eine kleine Gruppen-Baumentnahme) bis hoher Intensität (d. h. ein größerer Kahlschlag) definiert werden.

Die Anwendung unterschiedlicher Managementsysteme auf diesen drei Skalenebenen ist der Schlüssel für heterogene, biodiversitätsreiche Waldlandschaften. Das Thema ist jedoch recht komplex. Mit ihrem Review geben die Autoren einen kurzen Überblick über die verschiedenen Managementsysteme, ihre Auswirkungen auf die Alpha-, Beta- und Gamma-Diversität und bieten einen theoretischen Ausblick, wie ein Diversity-in-Management-Ansatz konkret aussehen könnte. Ausführlichere Informationen finden Sie in der frei zugänglichen Studie unter:

https://link.springer.com/article/10.1007/s10531-024-02878-x